Provisionsmodelle im Vertrieb – eine überholte Methode!?

Seit vielen Jahren ist es üblich, Mitarbeiter und Führungskräfte im Vertrieb mit unterschiedlichen Provisionsmodellen an den Absätzen oder Umsätzen zu beteiligen. Ich möchte heute einmal einen anderen Blick auf diese Thematik werfen und kritisch hinterfragen, ob das wirklich dazu führt, dass Mitarbeiter und Führungskräfte motivierter ihre Ziele erreichen. Oder wird das so gemacht, weil es schon immer im Vertrieb so gemacht wurde?

70:30 – 80:20 oder 90:10-Modelle

Alle diese Modelle kennzeichnen sich dadurch, dass Mitarbeiter erst dann 100% ihrer Vergütung erhalten, wenn sie ihre vorgegebenen Ziele auch zu 100% erreicht haben. Schon Sprenger[1] hat sich mit dieser Thematik sehr kritisch auseinandergesetzt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es keine nachweisbare Motivationssteigerung durch solche Provisionsmodelle gibt. Er geht sogar noch einen Schritt weiter und schildert die Demotivations-Faktoren. Mir geht es in erster Linie noch einmal darum, den Aufwand zu schildern und zu hinterfragen, ob der Aufwand und der Ertrag in einem wirtschaftlichen Verhältnis zueinanderstehen.

Der Theorie Sprengers folgend stellt sich zunächst die Frage, wie das Thema „Vertrauen“ mit dem Zurückhalten von Geld in Zusammenhang gebracht wird. Wenn ich nur einen Anteil des Monatsgehalts auszahle, dann signalisiere ich zunächst kein Vertrauen. Was sollen die Mitarbeiter davon halten, wenn in den Guiding Principles Aussagen wie: „Wir führen mit Vertrauen“ vorkommen? Das ist die eine Seite der Medaille.

Andererseits ist zu betrachten, wie viel Aufwand eigentlich hinter den Reporting-Mechanismen steckt, die angewendet werden müssen, um das Ergebnis darzustellen.

  • Wie viele Menschen werden mit einem Zielereporting beschäftigt?
  • Wie viele Menschen werden dem Tracking des Reportings beschäftigt?
  • Wie häufig werden diese Reportings aufgestellt?
  • Wie aufwändig ist die Zusatzabrechnung der Ziele-Vergütung?
  • Und was kostet das alles?

Ich kenne Unternehmen, in denen ja nach Größe zwischen 10-20 Menschen allein mit der Zielesystematik beschäftigt sind. Da stellt sich doch konsequenterweise die Frage, ob der Aufwand das Ergebnis rechtfertigt, insbesondere dann, wenn die Ziele trotz möglicher Erreichbarkeit von vielen Mitarbeitern nicht erreicht werden. Hier müssen ja die Aufwendungen, die durchaus Millionenhöhe pro Jahr erreichen, wieder erlöst werden.

Wie schon erwähnt gehe ich hier davon aus, dass die Ziele erreichbar sind und nicht unterjährig nach oben korrigiert werden, es sich also um ein seriöses Zielemanagement handelt.

Es gibt aber viele Unternehmen, die kein seriöses Zielemanagement betreiben. Wie kommen sich da die Mitarbeiter vor? Ich denke, diese Frage können Sie alle selbst beantworten, wie es Ihnen gehen würde. Frustration pur und innere Kündigung im schlimmsten Fall. Die finanziellen Auswirkungen liegen somit auf der Hand! Sie werden kein Vertrauen Ihrer Mitarbeiter erhalten, die Motivation und die Gesundheitsquote sinkt, die Fluktuation und die Personalkosten steigen. Kein gutes Geschäftsmodell!

100 + X-Modell

Zurück zum eigentlichen Thema. Wenn schon mit der Vergütung von Zielen gearbeitet wird, wieso zahlt man dann nicht 100% Gehalt und bei Übertreffen der Ziele den Prozentsatz des Übertreffens? Das kommt auf das Gleiche raus, hat aber erheblich mehr mit Vertrauen zu tun, als wenn ich einen Teil der Vergütung im voraus einbehalte und somit zunächst mal mein Misstrauen (verdeckt) ausdrücke. Außerdem steht das Thema „Vertrauen“ mehr im Vordergrund. Wenn Sie es durchrechnen, ist es nicht teurer. Natürlich werden nun einige von Ihnen sagen, dass das den Leistungsgedanken nicht fördert. Der Meinung bin ich nicht, wenn Sie Ihre Mitarbeiter über Coaching und Training stärken. Dann merken Sie recht schnell, wer evt. etwas länger braucht und wer nicht will. Das „Nicht-Wollen“ gilt es dann auch nicht zu tolerieren.

Sie können sich aus meiner Sicht alle diese Provisionsmodelle schenken, wenn Sie Minderleistung ausdauernd tolerieren.

Eine weitere Möglichkeit ist es, auf die Vergütung von Zielerreichungen völlig zu verzichten!

Wie das gehen kann? Das schildere ich im nächsten Blog!

[1] Mythos Motivation – Wege aus einer Sackgasse; Bonussysteme als Nullsummenspiele, S.93ff; Reinhard K. Sprenger; 17. Auflage; Campusverlag Frankfurt

Bild: © Djordje Komljenovic | Dreamstime

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